Die Reaktionen auf unser letztes Rundmail reichten von ungläubigem Staunen über “wissen wir doch schon alles”, von genervt sein bis hin zu “ihr meint es wohl wirklich ernst?”.
Ja, irgendwie meinen wir es schon ernst mit unserer Milonga und der Idee, ein gutes Umfeld für schöne Tänze zu gestalten.
Also zum Thema. Wer in die Esquina del Tango kommt, muss damit rechnen, dass dort Tango läuft. Es werden aber nicht einfach nur CD’s herunter gespult und es gibt bei der Musikfolge weder ein Zufallsprinzip noch ein “wünschdirwas”.
Wer sich schon eine Weile auf der Piste bewegt, hat gelernt zu differenzieren. Nicht nur zwischen Tango und Keintango oder zwischen Tango, Vals und Milonga. Es gibt viel mehr: irgendwann erkennt man Unterschiede zwischen Orchestern, man hört verschiedene Sänger, das gleiche Stück in verschiedenen Interpretationen, das gleiche Orchester in verschiedenen Epochen usw.
Dann merkt man, dass es irgendwie besonders schön war, zur DER Musik zu tanzen. Nun entstehen plötzlich Vorlieben (die sich zum Glück auch ändern) und man tanzt vielleicht besonders gerne zu Tangos von Rodolfo Biagi, oder Vals von Alfredo De Angelis und das ganze dann auch noch mit einer bestimmten Frau, oder einem bestimmten Mann – oder eine schnelle Milonga gerade nicht mit diesem oder jener.
Damit das funktionieren kann, wird die Musik von den DJ’s in sogenannten Tandas (Reihen) aufgelegt. Diese bestehen aus mehreren Musikstücken (4 Tangos und 3 oder 4 bei Vals/Milonga) vom gleichen Orchester, aus der gleichen Zeit, in ungefähr dem gleichen Rhythmus, jedenfalls in einer ähnlichen Stimmung. Beim ersten Stück der Tanda merkt man, ob einem die Musik zusagt und kann sich darauf verlassen, dass von der Art noch mehr kommt.
Zwei Tandas werden durch eine Cortina (Vorhang) getrennt. Die erkennt man daran, dass die Musik plötzlich vollkommen anders klingt als gerade eben. Mancher DJ spielt den ganzen Abend die selbe Cortina, andere wechseln die Stücke, wieder andere legen statt einer musikalischen Cortina eine längere Pause ein. Jedenfalls kann man nun seine Partnerin zum Platz bringen, oder sich bringen lassen (wo hab ich gleich noch mal meine Brille hin gelegt?) und jemand anderen für die nächste Tanda auffordern. Wenn es unbedingt sein muss, tanzt man halt mit der gleichen Partnerin weiter, allerdings sollte man auch dann die Tanzfläche räumen, damit eventuelle suchende Blicke sich treffen können..
Nun gehorcht auch die Reihenfolge der Tandas einer Regel: nach zwei Tango-Tandas kommt eine Vals-Tanda, dann wieder zwei Tango-Tandas und anschließend eine mit Milongas. Dann geht es wieder von vorne los.
Wenn ich also auch beim intensiven Gespräch immer mal wieder ein Ohr zur Tanzfläche richte, kann ich ungefähr heraus bekommen, wann es an der Zeit ist, das Gespräch zu beenden und sich nach einer Traumtanzpartnerin oder Traumtanzpartner für die nächste Tanda umzusehen.
Das lässt auch Raum für weitere Strategien. Bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich ein traumhaftes Erlebnis wird mit dieser Tänzerin, mit der ich noch nie getanzt habe, fordere ich sie vielleicht erst nach dem ersten (oder zweiten) Stück auf.
Dumm ist es, wenn ich nichts mitbekommen habe von der Musik und ich meine Lieblingstänzerin mitten im letzten Stück der Tanda auf die Tanzfläche locke.
Andererseits tanze ich vielleicht besonders gerne Vals und ich hab die Milonga von gerade eben noch im Ohr. Das sagt mir, ich kann in aller Ruhe ein Schlückchen Rotwein genießen und habe dann immer noch genug Zeit, mir eine Tanzpartnerin/Tanzpartner für den Vals zu suchen.
Diese Struktur gibt es übrigens nicht nur in der Esquina del Tango in Erfurt, sondern in allen guten Milongas auf der ganzen Welt:).
Wir sehen uns heute Abend in der Esquina – Claudia legt auf!
Viele Grüße von Maike und Klaus
Nicht vergessen:
31.10.2014 – Duo Ranas in der Esquina del Tango | Vorverkauf!